Corona hat die traditionelle Rollenverteilung bei Paaren nicht aufgeweicht, sondern verstärkt

10.10.2021 Katharina Hemmelmair
Wie eine repräsentative Studie zeigt, vermochte die Pandemie die traditionelle Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern bei den Haushaltsaufgaben kaum zu durchbrechen. Zwar sagt die Hälfte der befragten Paare in der Schweiz, sich zu gleichen Teilen an der Planung der Freizeit sowie der Pflege der sozialen Kontakte zu beteiligen. Dennoch sind es vorwiegend Frauen, die einkaufen, kochen, Kinder betreuen und Ordnung halten. Männer kümmern sich hauptsächlich um Finanzen und handwerkliche Arbeiten. Und Männer unter 50 Jahren konnten mehr Aufgaben an ihre Partnerinnen delegieren als umgekehrt. Entsprechend kritisch zeigen sich Frauen unter 50 Jahren, was ihre Zufriedenheit in der Beziehung anbelangt.

Zürich,

Wie eine neue, repräsentative Studie im Auftrag der Online-Partneragentur Parship.ch bei 1‘013 Frauen und Männern von 18 bis 69 Jahren in der Schweiz zeigt, gab es im Vergleich zu vor und nach der Pandemie nur wenige Verschiebungen bei der Aufteilung und Erledigung der Haushaltsaufgaben. Gefragt nach ihrer Einschätzung zur Aufgabenverteilung im Haushalt vor Corona bewerten Männer und Frauen diese sehr unterschiedlich:

  • Bei der Kinderbetreuung sagen 62 Prozent der Männer, aber nur 42 Prozent der Frauen, dass beide Partner gleich viel leisten. 56% der Frauen finden, dass die Arbeit überwiegend von ihnen erledigt wird, bei den Männern sagen das 10%.
  • Planung von Wochenenden/Ferien/Abend: 69 Prozent der Männer und 52 Prozent der Frauen sind der Meinung, dass beide Partner gleichermassen aktiv sind. 38% der Frauen sagen diese Termine hauptsächlich zu koordinieren, bei den Männern tun dies 17%.
  • Bei der Pflege der sozialen Kontakte sind 67% der Männer und 55% der Frauen der Ansicht, dass beide gleich viel beitragen. 39% der Frauen sehen diese Aufgaben überwiegend bei sich, ebenso 11% der Männer.
  • Versorgung (Kochen, Einkaufen, Essensplanung): 48 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen finden, dass beide gleichermassen beitragen. 73% der Frauen sind der Ansicht, dass sie hier die überwiegende Arbeit leisten. Nur 11% der Männer behaupten das von sich.
  • Bei Finanzen sagen 38% der Frauen beide Partner wären gleich zuständig, bei den Männern sind es 29%. 41% der Frauen sehen sich hauptsächlich in der Verantwortung, bei den Männern trifft dies auf 64% zu.
  • Bei Ordnung halten (Wäsche waschen, aufräumen, putzen): 40% der Männer sehen die Arbeit gerecht verteilt, ebenso wie 24% der Frauen. Bei den Frauen sagen 73%, dass diese Aufgaben überwiegend von ihnen erledigt werden. Bei den Männern tun dies 11%.
  • Geht es um Reparaturen, Auto, Fahrrad oder Garten/Balkon finden 35% der Frauen, dass beide gleichermassen engagiert sind. Von den Männern sehen das 25% so. Männer sehen diese Aufgaben nämlich hauptsächlich bei sich – 68% erledigen diese Arbeiten überwiegend selbst. Von den Frauen sagen dies 16%.

Die Aufteilung der Haushaltsaufgaben hat sich kaum verändert

Wie die Studie weiter zeigt, gab es bei der Erledigung der Haushaltsaufgaben seit Ausbruch der Pandemie keine allzu grossen Veränderungen. Am ehesten aktiver wurden Männer, wenn es um die alltägliche Versorgung wie Kochen oder Einkaufen geht: Ein Viertel kocht und kauft häufiger als früher ein. Jede fünfte Frau unter 50 gibt an, sich (noch) mehr um die Kinderbetreuung zu kümmern als zuvor (Männer 14%).

Weiter haben sich folgende Veränderungen ergeben:

  • Beim Handwerken geben 15% der Männer (Frauen 6%) an, mehr zu machen als früher.
  • 12% der Frauen u50 sagen, heute aktiver in der Freizeitkoordination zu sein.
  • Um ihre Finanzen kümmern sich jetzt Männer über 50 stärker (11%), aber auch Frauen unter 50 nehmen ihre Finanzen vermehrt in die Hand (10%)
  • 15% bzw. 14% der Männer unter 50 geben an, dass ihre Partnerin heute mehr in den Bereichen Versorgung, Ordnung und Soziales macht als früher.
  • Auch in den Bereichen Freizeitkoordination und Finanzen haben Männer mehr Arbeit an ihre Partnerin delegieren können als umgekehrt.

Kinder katapultieren Frauen zurück in traditionelle Rollenverteilung

Dazu Parship.ch-Psychologin Dania Schiftan: „Die Pandemie hat verstärkt, was wir schon vorher wussten. Wir sind definitiv nicht sehr fortschrittlich in der Arbeitsteilung. Ich beobachte in meinem Praxis-Alltag, dass selbst bei Paaren mit gleichberechtigter Aufteilung automatisch ein Rückschritt stattfindet, sobald Kinder da sind. In unserer Gesellschaft ist das leider immer noch so verankert. Gleichberechtigte Partnerschaften würden aber auch Männer glücklicher machen, denn eine Beziehung auf Augenhöhe ist allemal interessanter.“

Angesichts dieser Neuorganisation der Aufgabenverteilung erstaunt es wenig, dass Frauen punkto Beziehung weniger zufrieden sind. Insbesondere unter 50-jährige Frauen sind in den verschiedenen Bereichen deutlich weniger zufrieden als Männer: Familie (84% vs. 96% Männer), gemeinsame Interessen (80% vs. 87%), Alltagsgestaltung (74% vs. 89%), der Gesprächskultur (74% vs. 86%), Zärtlichkeiten (71% vs. 84%), Finanzen (66% vs. 77%) und Streitkultur (64% vs. 78%). Am zufriedensten bei fast allen Punkten zeigen sich Männer unter 50 Jahren, gefolgt von Frauen über 50.

Über die Studie: Die Studie wurde vom 29. April bis 09. Mai 2021 vom digitalen Markt- und Meinungsforscher Unternehmen marketagent.com durchgeführt. Befragt wurden 1013 Frauen und Männer von 18 bis 69 Jahren in der Schweiz (Westschweiz, Raum Zürich, Raum Bern, Ostschweiz, Mittelland, Zentralschweiz, Nordwestschweiz und Graubünden).